Neurobiologie des Unbewußten
(nach einem Uraniavortrag von
Prof.Dr.Dr.Gerhard Roth am 23.11.00)
- Nur die neuronalen Prozesse,
die in der Hirnrinde ablaufen, werden uns bewußt. Auch
die Hirnrinde ist funktional organisiert, verschiedene
Bewußtseinszustande entstehen durch funktional
differenzierte Prozeße in örtlich unterschiedlichen
Bereichen des Gehirn.
- Die Verarbeitung aller
Sinnesreizungen, Wahrnehmungen und deren Umsetzung in
Körperreaktionen, die eindeutige Zusammenhänge
darstellen, gelangen nicht ins Bewußtsein, sondern
werden vom unterbewußten limbischen System reguliert.
Erst wenn das unterbewußte System nicht in der Lage ist,
ein auftretendes Problem zu lösen, schaltet es über das
Aufmerksamkeitszentrum die jeweils erforderliche Region
der Großhirnrinde ein.
- Die Zentren für das
Ich-Bewußtsein und für die Bestimmung von
Ortsveränderungen sind ständig aktiv, werden aber
jeweils kurzzeitig ausgeschaltet, wenn andere
Anforderungen anliegen, die eine bewußte Verarbeitung
erfordern.
- Das Langzeitgedächtnis
besteht aus 2 getrennten Bereichen, die nicht miteinander
in Verbindung stehen. Im Gedächtnis für Fertigkeiten
werden diejenigen Erfahrungen gespeichert, die während
der Ausführung von Tätigkeiten erworben werden, die im
weiteren unbewußt ausgeführt werden können. Das Wissen
über diese Fertigkeiten kann nicht verbal erklärt und
vermittelt und nur sehr schwer durch Umlernen verändert
werden. Die im deklarativen Gedächtnis gespeicherten
Inhalte können dagegen verbal dargestellt und schnell
verändert werden.
- Durch bewußte Konzentration
von Aufmerksamkeit kann Lernen nur schwer beeinflußt
werden. Wissen wird nur dann im Langzeitgedächtnis
abgelegt, wenn das Unterbewußtsein seine Wichtigkeit
für das zukünftige Leben signalisiert. Eine
Einflußnahme des Bewußtseins auf das Unterbewußtsein
ist nicht unmöglich, aber sehr schwierig.
- Die im Unterbewußten
abgelegten Gedächnisinhalte bestehen im wesentlichen aus
festverschalteten Neuronen, deren Verschaltungsstrukturen
in der Kindheit festgelegt werden. In der Großhirnrinde
gibt es sehr flexible Neuronenstrukturen, deren
Verschaltungszustand durch chemische Substanzen in den
Synapsen bestimmt wird, die durch häufige Benutzung
verändert werden können.
- Affekte und Emotionen
bestimmen den Charakter des Menschen, die hierfür
zuständigen unbewußten Gehirnregionen werden im frühen
Kindesalter strukturiert.
- Willenshandlungen werden durch das Unterbewußtsein
infolge von Sinnesreizen ausgelöst. Das Bewußtsein
kontrolliert lediglich, ob die vorgesehenen
Handlungsabläufe in Übereinstimmung sind mit den im
deklarativen Gedächtnis gespeicherten Erfahrungen und ob
sie positive oder negative Glücksgefühle auslösen. Je
nach dem werden die vorgesehenen Handlungsabläufe
blockiert oder verstärkt. Diese Sichtweise scheint durch neuere Studien
widerlegt. siehe hierzu Bauer.
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